#686 Soll die Verteidigung in der Hafteinvernahme Ergänzungsfragen stellen?
Nina und Duri diskutieren eine Frage, die Strafverteidigerinnen immer wieder beschäftigt: Soll man in der Hafteinvernahme Ergänzungsfragen stellen – oder gerade nicht? Was spricht dafür, was dagegen? Sie beleuchten die besondere Situation unmittelbar nach der Verhaftung, in der noch keine Akteneinsicht gewährt wird und jede Intervention wohlüberlegt sein muss. Kann man mit präzisen Fragen die Aussage retten – oder riskiert man, dass sich der Klient in Widersprüche verstrickt? Danach geht es um ein Thema, das im Praxisalltag grosse Bedeutung hat und doch oft übersehen wird: Wen wählt man als Dolmetscher, wenn man den Klienten im Gefängnis besucht? Soll man auf die Person zurückgreifen, die schon bei Polizei oder Staatsanwaltschaft übersetzt hat? Oder klugerweise eben gerade nicht? Die Wahl kann entscheidend sein – für das Vertrauen des Klienten, für die Qualität der Kommunikation und für die spätere Verteidigungsstrategie. Schliesslich bereiten sich Nina und Duri auf den ersten Gefängnisbesuch vor. Eine Schlüsselsituation im Mandat: Wie plant man diesen Moment? Welche Informationen nimmt man mit? Und: Geht man zu zweit oder alleine?
Für einen Besuch alleine spricht, dass das Gespräch zwischen Verteidigerin und Klient vertraulicher und intimer verläuft. Gerade in einer emotional angespannten Ausnahmesituation kann das helfen, schneller eine persönliche Beziehung aufzubauen. Der Klient muss sich nur auf eine Person einlassen – das kann entlastend wirken, insbesondere wenn er unter Stress steht oder noch kein Vertrauen gefasst hat. Auch organisatorisch ist der Einzelbesuch einfacher: keine Terminabsprachen im Team, grössere Flexibilität bei kurzfristigen Besuchen. Zudem ist von Anfang an klar, wer das Gespräch führt, was bei einem sensiblen Erstkontakt für Struktur und Orientierung sorgen kann. Für einen Besuch zu zweit spricht hingegen, dass man im Team mehr wahrnimmt: Vier Ohren hören mehr als zwei – nicht nur auf der Sachebene, sondern auch, was Zwischentöne, Körpersprache oder Stimmungen betrifft. Gerade wenn es sprachlich schwierig wird oder der Klient wenig von sich aus erzählt, kann eine zweite Person stützen, klären, ergänzen. Auch taktisch ist man flexibler: Eine Person kann empathisch zuhören, die andere kritisch nachfragen oder mitnotieren. So lässt sich das Gespräch besser steuern und zugleich dokumentieren. Der gemeinsame Auftritt signalisiert dem Klienten zudem, dass man den Fall ernst nimmt – und dass er nicht allein ist, sondern von einem Team unterstützt wird. Besonders in komplexen Fällen kann das Vertrauen stärken.
Das Team diskutiert - und du kannst mitentscheiden. Stimme mit Nina und Duri ab auf Duris LinkedIn-Profil. Willkommen im Strafverteidiger-Team! Willkommen in der spannenden Welt der Strafverteidigung. Fragen, Meinungen, Feedback? Schreibe an bonin@blra.ch.
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