Auf dem Weg als Anwält:in

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#465 Umgehung der absoluten Unverwertbarkeit bei Verletzung der Teilnahmerechte (Art. 147 III, IV StPO)

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Den Faden nach dem Unterbruch wieder aufnehmend, will Gregor Münch auf eigenes Anraten einstweilen nichts mehr sagen. Duri Bonin nutzt dessen Schweigen für eine Auslegung des BGE 143 IV 460: Eine Einvernahme, die unter Verletzung der Teilnahmerechte durchgeführt worden ist, soll gemäss Lausanne "wiederholt" werden können und damit als Belastungsbeweis verwertbar gemacht werden (StPO 147 IV). Legitimiert wird dies mit dem Argument, dass die ursprüngliche Einvernahme vollständig unverwertbar bleibe, mithin weder für Vorbereitung noch Durchführung der Wiederholungseinvernahme herangezogen werden dürfe. Gregi hält bereist an dieser Stelle sein Schweigen nicht durch. Die beiden Freunde sind sich einig, dass diese Rechtsprechung scheinheilig ist und die Fernwirkung des absoluten Verwertungsverbots aushebelt. Sie diskutieren, welche Möglichkeiten sich für die Verteidigung dennoch daraus ergeben. Auch wenig verständlich ist die unterschiedliche Behandlung der Verwertbarkeit bei notwendiger Wiederholung der Einvernahme nach Teilnahmeverhinderung (StPO 147 III): In solchen Fällen soll man auf die frühere Beweiserhebung im Rahmen der Gesamtwürdigung zurückgreifen dürfen (BGer 6B_369/2013 E. 2.3.3). Gregor fehlt die Energie, sich auch noch hierüber aufzuregen. Weiter diskutieren sie taktische Fragen: Bei welchen Konstellationen sind Beweisanträge, Ergänzungsfragen und/oder "Belehrungen an die Staatsanwaltschaft über die Untersuchungsführung" angezeigt und in welchen sollte zwingend davon abgesehen werden. Die Rechtslage ist sehr komplex, unnötig komplex. Selbst bei eingehender Kenntnis der Rechtsprechung kann man sich über die Rechtslage mitunter nicht sicher sein.

Bei einem Freispruchbier kam die Idee auf, die Strafprozessordnung Artikel für Artikel zu besprechen: Deshalb treffen sich Duri Bonin und Gregor Münch jeden Freitag in den "Heiligen Stunden" des 5-Uhr-Clubs und diskutieren einen Artikel der Strafprozessordnung. Wann macht Aussageverweigerung Sinn? Weshalb braucht es Teilnahmerechte? Wie läuft eine Einvernahme ab und wie ist die Stimmung im Einvernahmeraum? Wann finden die meisten Verhaftungen statt? Diesen und noch viel mehr Fragen gehen Duri und Gregi in diesem Podcast nach.

Podcast zu StPO 147:

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Über diesen Podcast

In diesem Podcast reflektiert Duri Bonin mit Gästen über Fragen rund um die Arbeit als Anwalt und Strafverteidiger: Was macht eine gute Anwältin aus? Wie organisiert man die Anwaltstätigkeit? Wie handhabt man den Umgang mit Klienten, Gegenanwälten, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten? Was zeichnet ein gutes Plädoyer aus? Wie legt man sich eine Verteidigungsstrategie zurecht? Der spannenden Fragen sind vieler. Es ist ein Weg ins Urmenschliche, manchmal gar Allzumenschliche.

von und mit Duri Bonin

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