Auf dem Weg als Anwält:in

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#250 Chancen der Adoleszenz (Einordnung des Interviews mit Edi)

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Duri Bonin ist Edi das erste Mal begegnet, als er keine 13 Jahre alt war. Er war von unbändigem Willen, riss stetig Zuhause aus und war während Monaten nicht mehr auffindbar. Auf seinen Kurvengängen kam es immer wieder zu Delikten. Das vordringliche Ziel der Jugendanwaltschaft war, ihn soweit zu stabilisieren, dass er an einem Ort blieb und eine Lehre absolvieren konnte. Die jugendstrafrechtliche Massnahme dauerte bis zu seinem 22. Lebensjahr an.

Daraus ist ersichtlich, dass das Erreichen der Volljährigkeit nach Schweizer Recht bei meinem Mandanten nicht mit der geistigen Reife korrespondierte. Entsprechend hörte auch die Delinquenz nicht einfach mit dem 18. Lebensjahr auf. Neurologen führen ein solches auf den fundamentalen Umbau des Vorderhirns zurück. In dieser Lebensphase ist auch der Einfluss der Peer-Group besonders hoch und Eltern wie auch die staatlichen Behörden verlieren zwangsläufig ihre Vorbilds- und Spiegelfunktion.

Der angesehene Psychoanalytiker Mario Erdheim hat folgende These für das jugendliche Fehlverhalten: „Der Adoleszente, dessen Entwicklung nur körperlich abgeschlossen ist, wiederholt in einem anderen Milieu, was vorher schief gegangen ist. Da er in der Pubertät nun seine geistigen und emotionalen Fähigkeiten ausbildet, um in der Erwachsenenwelt bestehen zu können, ist die Chance gross, einstige Enttäuschungen und Vertrauensverluste dank Wiederholungen zu überwinden.“ Der Jugendliche versucht demnach, Defizite aus früheren Lebensphasen wieder gut zu machen. Bei meinem Mandanten ist leider in der frühen Lebensphase besonders viel schief gelaufen. Vor diesem Hintergrund wird verständlicher, weshalb mein Mandant über Jahre ein Getriebener war. Dies lag nicht nur an der Pubertät. Respektive die Pubertät zeigte sich besonders stark aufgrund seiner Kriegstraumatisierung. Edi's Verhalten war Verarbeitung und Abwehr zugleich, indem er versuchte, seine Umwelt zu kontrollieren, damit er seinerseits nicht mit seiner inneren Ohnmacht konfrontiert wurde und das in der Kindheit Erlittene verarbeiten konnte. Im Vordergrund stand letztlich der Schutz der eigenen Psyche in einer teils inadäquaten und sozialunverträglichen Art und Weise.

Dieser Podcast ist am Freitag, 30. August 2019 in der Reihe 'Interview aus dem Gefängnis' das erste Mal ausgestrahlt worden.

Als Strafverteidiger erhält man Einblicke in die unglaublichsten Fälle und arbeitet eng mit sehr unterschiedlichen und spannenden Menschen zusammen. In diesem Podcast versucht der Anwalt Duri Bonin gemeinsam mit seinen Gesprächspartnern (Beschuldigte, Verurteilte, Staatsanwälte, Strafverteidiger, Gutachter, Opfer, Unschuldigte, Schuldige …) zu ergründen, wie diese ticken, was sie antreibt und wie sie das Justizsystem erleben. Behandelt werden urmenschliche Themen. Bei genauerem Hinsehen findet man Antworten auf eigene Fragen des Lebens und der Gesellschaft.

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Über diesen Podcast

In diesem Podcast reflektiert Duri Bonin mit Gästen über Fragen rund um die Arbeit als Anwalt und Strafverteidiger: Was macht eine gute Anwältin aus? Wie organisiert man die Anwaltstätigkeit? Wie handhabt man den Umgang mit Klienten, Gegenanwälten, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten? Was zeichnet ein gutes Plädoyer aus? Wie legt man sich eine Verteidigungsstrategie zurecht? Der spannenden Fragen sind vieler. Es ist ein Weg ins Urmenschliche, manchmal gar Allzumenschliche.

von und mit Duri Bonin

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